Auf der Suche nach dem wertvollen Metall Nur wenige werden James Wilson Marshall namentlich kennen – die Folgen seiner Entdeckung im Mai 1848 sagt hingegen jedem etwas. Er fand nämlich den ersten Goldnugget an der kalifornischen Westküste. Sein Versuch, den Fund geheim zu halten, schlug fehl. Nur wenige Tage später erfuhr Sam Brannan davon. Der damals 29jährige Mormone lebte in einem ca. 800 Einwohner umfassenden Dorf im Westen der USA. Das Dorf hieß San Francisco und er hatte sich zusammen mit 230 Glaubensbrüdern dort niedergelassen, um eine mormonischen Lebensgemeinschaft zu führen. Das änderte sich, als er am 10.5.1848 verkündet, in Sutter’s Mill habe man Gold gefunden. Als er dann seine Entdeckung auch noch in der Zeitung „California Star“ veröffentlichte, von der 2000 Exemplare verkauft wurden, war die Lawine goldsüchtiger Männer und Frauen nicht mehr aufzuhalten: der Goldrausch nahm seinen Lauf. (1)
Die Gier nach Gold und ihre Folgen
Der „California Star“ erschien nur noch wenige Male. In der letzten Ausgabe wurde berichtet, dass fast jede Stadt und fast jede Ranch verlassen seien, da sich bereits über 1000 Menschen dem Goldwaschen widmeten. Danach erschien die Zeitung nicht mehr, da sich Redakteure und Drucker ebenfalls auf die Goldsuche begaben.
Von der Ostküste, aus Mexiko, aus vielen Teilen der Erde reisten ganze Tracks nach Kalifornien, um dort ihr finanzielles Glück zu finden. Ein Großteil erreichte nicht einmal das Ziel ihrer Reise; sie starben an den Strapazen der Tour, an Malaria, Cholera, Skorbut, sie erfroren in schneebedeckten Bergkämmen oder hielten den Anstrengungen nicht stand. Dennoch stieg innerhalb nur eines Jahres die Bevölkerung San Franciscos von 900 auf 25.000 Personen. Anderen Dörfern dieser Region ging es ähnlich. Man kann sich vorstellen, welche Auswirkungen dieser Ansturm hatte: ohne funktionierende Kanalisation wurden die überbevölkerten Gassen zur Dauerkloake, in denen sich zahlreiche Krankheiten ausbreiteten. Die Zeit, ordentlich zu bauen, nahm man sich nicht. Das aus dem Boden gestampfte „American Theater“ sank durch das Gewicht der Besucher bereits am ersten Abend gleich um fünf Zentimeter in den Boden ein, so miserabel war die Bausubstanz. In überfüllten Bruchbuden hausten die Goldsucher, teilten sich Zimmer und Betten dutzendfach – und da die Nachfrage den Preis regelt, mussten sie nicht selten horrende Summen für dunkle und stinkende Löcher bezahlen. Alle Waren, allem voran natürlich Lebensmittel und Werkzeuge zum Goldwaschen, wurden mit unglaublichen Gewinnspannen verhökert. Die wahren Gewinner des Goldrausches waren die Kaufleute und Darlehensgeber. Für geliehenes Geld war ein Zinssatz von fünf Prozent pro Monat üblich.
Vom Fieber des möglichen Reichtums erfasst, glaubten die Goldsucher schier alles. Da war der unbekannte Mann, der behauptete, ein „Goldometer“ erfunden zu haben, das in der bis dahin unberührten Stadt Stoutenburgh 25 Pfund Gold in einem Gemüsegarten angezeigt habe. Das kleine Örtchen wurde prompt überrollt von Männern mit Dollarzeichen in den Augen, die an der besagten Stelle sofort ihre Arbeit begannen. Mehrere Wochen später klafften zwar riesige Löcher im Erdreich, die Bewohner des Dorfes hatten sich an den „Touristen“ wahrlich eine goldene Nase verdient, aber die Goldhungrigen hatten außer Grundwasser nichts gefunden – und der Erfinder des Goldometers war nun längst schon über alle Berge verschwunden. Vorkommnisse wie dieses gab es zu Tausenden.
Selbst die Schaufel in die Hand zu nehmen war also kein gutes Geschäft. Sam Brannan, der den Goldrausch ausgelöst hatte, wusste es besser: mine the miners lautete seine Devise, also beute die Goldgräber aus. Es wird berichtet, dass er in seinem Krämerladen täglich 5.000 Dollar verdiente. In Sacramento und San Francisco kaufte er Gebäude, Hotels, Warenhäuser, gründet Banken und Versicherungen. Nicht alle seine Geschäfte waren legal – doch Justiz und Verwaltung angesichts des Chaos schier überfordert. Als reichster Mann vor Ort übernahm Sam Brannan auch deren Aufgabe, war Staatsanwalt und Richter in einer Person – ohne Amt, aber mit einer Gefolgschaft williger und höriger Vollstrecker. Gegen die vom ihm gegründete Bürgerwehr war selbst der Sheriff machtlos.
Im Klima der Gier einerseits, dem realen Mangel andererseits, war alles möglich. 1853, nur fünf Jahre nach dem ersten Goldfund, lebten 50.000 Menschen in San Francisco, dem „Golden Gate“. Darunter zahlreiche Ausländer. Die Amerikaner waren missgünstig; jeder weitere Goldgräber ein potenzieller Konkurrent und Feind. So belegten sie zuerst Mexikaner, dann auch andere Volksgruppen mit einer speziellen „Ausländersteuer“. Indianer, Schwarze und Chinesen durften nicht mehr vor Gericht aussagen, waren weitgehend rechtlos. 90% der indigenen Bevölkerung wurde während des Goldrausches ermordet, erschlagen, erschossen, verstümmelt, massakriert, erhängt oder starb auf der Flucht vor Hunger und Kälte.
Zur gleichen Zeit hatte sich das Goldsuchen rasant verändert. Fünf Jahre nach dem ersten Fund war kaum mehr jemand mit dem Esel und einer Waschpfanne unterwegs. Hydraulic mining lautete das neue Zauberwort: Mit mannshohen Wasserkanonen wurde der Boden ausgeschwemmt, immer auf der Suche nach dem verführerisch glänzenden Metall. Insgesamt wurde dadurch acht mal so viel Erde bewegt, wie später beim Bau des Panamakanals. Eine gigantische Naturzerstörung, mit direkten Folgen: in der Nähe von hydaulic mining brach der Ackerbau zusammen. Der Schlick überschwamm die Felder, das zur Goldwaschung erforderliche Quecksilber vergiftete die Böden, Farmer mussten ihre Äcker aufgeben.
Damit war das Ende des Goldrausches nahe gekommen. Ab 1855 ebbte das Interesse ab. Zu viele waren frustriert, hatten ihr Leben einer Vision geopfert. Um das Jahr 1860 herum kam der Hype endgültig zum Erliegen. Die Bilanz verheerend: Millionen Verlierer, eine zerstörte Landschaft, Gewalt und Exzesse, eine Handvoll Fündiger, Millionäre, die nur wenige Jahre später wieder an der Armutsgrenze angekommen waren, einige Kaufleute, die durch Wucher reich geworden sind.
Doch was hat der ca. 160 Jahre zurückliegende Kalifornische Goldrausch mit uns heute zu tun?
Neptun in den Fischen
Am 4. April 2011 trat Neptun in das Tierkreiszeichen Fische ein. Neptun, der viertgrößte Planet unseres Sonnensystems, wurde 1846 entdeckt. Da er ca. 30.000 AE (2) von der Sonne entfernt ist, braucht er verhältnismäßig lange, um einmal die Sonne zu umrunden; nämlich ca. 165 Jahre. In der Astrologie wird Neptun dem Tierkreiszeichen Fische zugeordnet. Er befindet sich jetzt also jetzt „Zuhause“, in seinem eigenen Zeichen. Dies ist er zum zweiten mal seit dem Zeitpunkt seiner Entdeckung. Das erste mal trat er 1848 in das Zeichen Fische ein – also in dem Moment, da an der Westküste der USA der Goldrausch seinen Lauf nahm. Als der oldrausch abebbte, verließt Neptun das Fische-Zeichen.
Neptun bringen Astrologinnen und Astrologen in Verbindung mit Verführung und Rausch, mit großer Sehnsucht und mit Verlusten, mit Täuschung und Enttäuschung. Neptun ist zugleich ein Symbol für Spiritualität und Intuition, für All-Liebe und ein Gemeinschaftsgefühl, für soziales Engagement und Erlöserthemen. Wie alle Symbole der Astrologie umfasst er eher positive und eher negative Seiten gleichermaßen. Da er gleichsam mit dem Zeichen Fische für Sanftheit und esoterische Glaubensansprüche steht, neigt man in der Astro-Szene nicht selten, ihn tendenziös „gut“ darzustellen. Doch als Beherrscher des Meeres wissen wir eben auch, dass er eine zerstörerische Kraft mitbringt. Neptun in Fische ist, bildlich gesprochen, der Tsunami, der das Land überflutet und verwüstet. Der Kalifornische Goldrausch zeigt uns sehr gut, wie sich Neptun in Fische auswirken kann, wenn wir den Verführungen erliegen: Wie eine Welle des Wahns schwappt die Illusion über ganze Bevölkerungsgruppen, die vom Reichtum träumen, und deren Traum an den bitteren Enttäuschungen der harten Realität zerbricht.
Tatsächlich existiert eine materielle Synchronizität zwischen Neptun / Fische und Wasser. So ist es nicht verwunderlich, dass man beim Kalifornischen Goldrausch das hydraulic mining erfunden, also mit schier unvorstellbaren Wassermassen das Erdreich ausgeschwemmt hat. Überflutungen, ob als Naturkatastrophe oder wie in diesem Fall gewollt und bewusst provoziert, gehören zur typischen Neptun-Fische-Symbolik.
Neptun zählt zu den Kollektivplaneten. Das heißt, dass er Anzeiger für Themen ist, die personenübergreifend eine ganze Generation erfassen. Insofern ist er auch mundanastrologisch relevant. Der Goldrausch ist ja nicht das Phänomen einzelner Individuen gewesen, sondern eine Infektion, die Abertausende Menschen der ganzen Erde in Aufruhr versetzte. Ist der Damm erst einmal gebrochen, haben Gesetz und Ordnung keine Chance mehr. Denn Neptun, in seinem eigenen Zeichen Fische verstärkt, nutzt auch illegitime Mittel und Wege, um an dem eigenen Traum festzuhalten; und sei es, dass man sich, seine Mitmenschen oder die Natur dafür opfern muss.
Natürlich lief Neptun auch schon vor seiner Entdeckung durch das Tierkreiszeichen Fische. Beispielsweise in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Als er 1689 dort stand, wurde in England die Bill of Rights verabschiedet. Dieses „Gesetz der Rechte“ kann man als grundlegenden Schritt in Richtung des Parlamentarismus ansehen. Erstmalig konnten gewählte Volksvertreter gegenüber der Monarchie ihre Interessen durchsetzen. Auch dies ist eine Neptun-Fische-Angelegenheit. Denn der Fische-Neptun bringt Gemeinschaftssinn gemäß dem Motto: alle sind gleich. Durch die Bill of Rights war man berauscht von der Vorstellung, dass politische Entscheidungen durch Parlamente entschieden werden konnten. Für uns heute ist dies eine Selbstverständlichkeit – für die Menschen damals die Realisierung eines Traums und zugleich eine beängstigende Destabilisierung vertrauter, monarchischer Strukturen.
Circa 165 zuvor, also als Neptun ebenfalls durch das Fische-Zeichen wanderte, kristallisierte sich ein anderer Akzent der Neptun-Thematik deutlich heraus: die Grenzenlosigkeit. Es war die Zeit, da Ferdinand Magellan seine Weltumseglung startete. Der Ausgangspunkt seiner Reise ist geradezu neptunisch abenteuerlich: es heißt, dass er eine geheime Karte gefunden habe, auf der in Südamerika eine Durchfahrt in den Pazifik eingezeichnet war. Auch das Verschleierte gehört zur Neptun-Symbolik. Über die endlosen Weltmeere zu segeln war nicht allein eine Freizeitbeschäftigung. Auch hier ging es, ähnlich wie beim der Goldsuche zwei Neptun-Zyklen später, um das Versprechen von Ruhm und Reichtum. Ziel waren nämlich die Gewürzinseln, von denen aus sich der spanische König seinen Einfluss und seinen Geldfluss zu vermehren versprach. Magellan selbst erlebte die erste Weltumseglung nicht mehr, da er unterwegs auf den Philippinen starb. Seine Todesursache klingt wie eine ironische Fußnote der Neptun-Fische-Thematik, die Ertrinken und Vergiftung assoziieren lässt. Tatsächlich wurde er im Wasser stehend von dem Gift getränkter Pfeile getötet; so jedenfalls beschrieb es sein Biograf und Reisechronist Antonio Pigafetta.
Welche Schlussfolgerungen können wir für die aktuelle Konstellation daraus ziehen?
Ausblick
Am 4. April diesen Jahres ist Neptun nun erneut ins Fische-Zeichen eingetreten. Wir können also damit rechnen, dass wir es in den nächsten Jahren wiederum mit einem Rausch zu tun kriegen. Einem Kollektivwahn, der vielversprechend klingt, aber uns letzten Endes viele Opfer kosten wird. Doch muss das so sein? Eigentlich nicht. Aus der Erfahrung der Geschichte klug werdend könnten wir uns der Verführung auch widersetzen. Doch wer sich selbst ehrlich begegnet wird aus seiner eigenen Biografie wissen, wie schwierig es ist, kleine und große Süchte aus Vernunftgründen aufzugeben. Und was dem Einzelnen gelingt, schafft die Masse noch lange nicht. Doch bitte bleiben Sie misstrauisch, sollte sich demnächst irgendwo eine Goldgräberstimmung ausbreiten. Versuchen wir lieber, die positiven Seiten von Neptun in Fische zu leben. Dazu gehört ein Sozialsystem, das diesen Namen auch verdient. Ein Gefühl von Gemeinschaft, in der der eine dem anderen hilft, ohne Rücksicht auf Religionszugehörigkeit, Rasse, Stand, Bildung, Intelligenz oder andere Sortierkriterien. Denken Sie an die Bill of Rights.
Mit Neptun in den Fischen gilt es nicht, sich auf bekannte Sturkuren zu verlassen; egal wie sehr diese sich bewährt haben mögen oder auch nicht. Gesellschaftskritik, Sehnsucht und Weltflucht mögen Hinweise dafür sein, wo der nicht immer direkt sichtbare Pfad vom Fische-Neptun verlaufen könnte. Ganz sicher jedoch erinnert uns diese Konstellation an ein universelles Mittel zu besserem Leben: an die Liebe. Neptun im Zeichen Fische verkörpert astrologisch die höchste Form der Liebe. Nicht das Verlangen, nicht die sexuelle Gier, nicht den formellen Bund der Ehe – sondern die Verschmolzenheit mit allem, was lebt. Das Leben um das Leben willen lieben. Sich an dieser Verbundenheit zu orientieren kann nur richtig und wegweisend sein. Institutionen und Gruppen, die diese Sicht beherzigen, könnten in den nächsten Jahren Auftrieb erhalten. Dazu gehören beispielsweise buddhistische Lehren oder aber auch Tierrechtsinitiativen oder Sozialaktivisten.
Auffällig ist, dass während der letzten Neptun-Durchgänge durch das Zeichen Fische jeweils Saturn einen Besuch bei Neptun abstattete. Bei Magellans-Weltumseglung und beim Goldrausch standen beide Planeten Konjunktion, bei der Verabschiedung der Bill of Rights kam es zu einer Opposition. Saturn gilt als „Konkretisator“, er drängt danach, etwas real werden zu lassen. Seine Anwesenheit geht damit einher, dass die Dinge Form annehmen, in der Luft liegenden Themen sich materialisieren. Die beiden oben genannten Aspekte gibt es diesmal nicht Da sogenannte analytische (harte) Aspekte mehr zur Realisierung drängen als synthetische (weiche), bietet sich aktuell nur ein Quadrat zwischen Neptun und Saturn an. Dies wird 2015 – 2016 eintreten. Ich rechne damit, dass die Hochzeit der netpunischen Verführung daher in diesem Zeitraum am deutlichsten hervortreten wird.
Erst im Jahr 2025 wird Neptun das Tierkreiszeichen Fische wieder verlassen. Dann beginnt seine Reise durch den Widder. Wer einem Rausch erlegen sein sollte, wird spätestens dann mit einem Kater wieder aufwachen.
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Quellenangaben
Das Foto stammt von der Seite learnnc.org und gehört zur Kategorie „public domain“ (www.learnnc.org/lp/multimedia/12286). Es zeigt chinesischen und amerikanische Minenarbeiter im Jahr 1852.
1) Wenn Sie mehr über den Kalifornischen Goldrauschs erfahren möchten, lesen Sie den Artikel „Goldrausch in Kaliforniern. Die Geburtsstunde des American Dream“ in der Ausgabe 6/2010 der Zeitschrift GEO. Einige Fakten der Ereignisse habe ich diesem Artikel entnommen. Außerdem natürlich aus dem Internet, nicht nur aber auch von der Seite Wikipedia (de.wikipedia.org/wiki/Goldrausch_in_Kalifornien).
2) AE ist die Abkürzung für Astronomische Einheit. Damit wird in der Astronomie eine Entfernung bezeichnet, die dem mittleren Abstand zwischen Erde und Sonne entspricht. Eine AE entspricht 149,6 Millionen Kilometer.