Was fällt Ihnen spontan zu einer Saturn-Sonne-Konjunktion im Radix ein? Vielleicht, daß es sich um eine Person handeln könnte, die in ihrem Selbstbewusstsein gehemmt ist, die Ernsthaftigkeit ausstrahlt oder die hart an ihrer Persönlichkeitsentfaltung arbeitet? Alles richtig. Kein Lehrbuch und kein Astrologe würde Ihnen widersprechen.
Zufällig (?) hatte ich die Gelegenheit, unterschiedliche Erlebensformen dieser Konstellation in der jüngeren Vergangenheit zu studieren. Innerhalb des letzten Quartals meldeten sich vier Klientinnen zur Beratung an, die alle eine Saturn-Sonne-Konjunktion in ihrem Radix haben – davon zwei fast sekundengenau.
Während das Lehrbuch eindimensional ist und abstrakt bleiben muß, möchte ich hier die unterschiedlichen Gestaltungsformen dieser Aspektierung beschreiben. Wie haben diese vier verschiedenen Frauen Pflicht mit Schöpfungsreichtum vereinigt? Wie haben sie Freiheit vom Schicksal erlangt und selbst Verantwortung für ihr geistiges Erwachsenwerden übernommen?
Vier Frauen mit Saturn Konjunktion Sonne
Sonne und Saturn im Horoskop von Antje* treffen sich im 5. Haus in Widder. Hier prallen einige Kräfte aufeinander: Das nach außen gerichtete, freudvolle Leuchten und Lieben der Sonne und die nach außen drängende Power der Widdernatur einerseits, die nach innen gerichtete, konzentrierte Beschränkung andererseits. Die beiden Planeten sind nicht nur gradgenau miteinander verschmolzen, sondern stehen zudem noch ziemlich allein auf weiter Flur. Weitere Verbindungen gibt es nur durch Quinkunxaspekte. Antje berichtet, dass sie das Licht der Welt mit einer Bürde erblickte: vom Moment der Geburt an hatte sie Verantwortung zu übernehmen. Die Mutter des Vaters war suizidgefährdet, nachdem sie Witwe geworden war. Um ihrem Leben wieder einen Sinn zu geben, planten Antjes Eltern ein Kind, das in der Obhut der alten Frau aufwachsen sollte. Diese hätte damit wieder eine Beschäftigung und „Leben im Haus“. Antje war somit weniger ein Kind der Liebe, als vielmehr ein Auftrag. Bis zum Schuleintritt lebte sie ausschließlich bei ihrer Großmutter.
Wir finden dies im Horoskop weiter bestätigt durch Neptun in Haus 1, Mond dominant am DC, Chiron im 4. und Pluto im 10. Feld. Früh hatte Antje gelernt, ihr eigene Spielfreude und Leichtigkeit zugunsten anderer zurückzunehmen und sich für andere Menschen zu engagieren. Ihre Oma hatte sie geliebt – mehr als ihre Eltern. Mit dem Tod ihrer Großmutter vor vier Jahren verlor sie dann auch ihren zentralen Lebenssinn und stürzte in eine tiefe Krise. Diese ist bis heute nicht überstanden und äußert sich vor allem in Berufsunsicherheiten. Antje ist Lehrerin und als solche arbeitslos. Sie überlegt sich selbständig zu machen, aber es mangelt an Selbstbewußtsein und Vertrauen in ihre Managementfähigkeiten. Sie befindet sich in einer Phase, in der sie „ihren“ Saturn in sich finden muß, nachdem sie ihn ihm außen verloren hat.
Helene tritt als elegante und resolute Frau auf. Zielsicher lenkt und steuert sie Prozesse, Situationen und Menschen. Sie besitzt als Geschäftsfrau ein Mode-Atelier mit vier Angestellten. Hauptsächlich werden dort Einzelstücke für „Problemfälle“ gefertigt – und wer ist in puncto Mode nicht ein „Problemfall“? Helene wuchs als einzige Tochter mit drei Brüdern und ihrer Mutter auf. Ihren Vater kennt sie nur von Fotografien. Er ist in den Kriegswirren verschollen. Wie ein mahnendes Bild hing jedoch eine übergroße Portraitzeichnung von ihm in der guten Stube und zahlreich aufgestellt Fotos verdeutlichen, wie sehr ihre Mutter dem Gatten nachtrauerte.
Helenes Mutter konnte sich nur wenig um die Erziehung der Kinder kümmern, da sie um Geld zu verdienen nur selten zu Hause war. Einen Großteil der Erziehung des kleinen Mädchens übernahm der älteste Bruder. Dass dieser seine kleine Schwester regelmäßig verprügelte, erzählt Helene heute mit distanzierter Gelassenheit. Früh hatte sie die Möglichkeit, bei einem Schneider mitzuhelfen. Schließlich konnte sie eine Ausbildung zur Damenschneiderin absolvieren und unterstützte mit dem ersten, selbstverdienten Geld sehr zeitig Mutter und Brüder. Sie nahm dadurch rasch eine machtvolle Position innerhalb der Familie ein und wurde regelrecht zum Familienoberhaupt. Zwei Brüder waren zu dieser Zeit bereits ausgezogen. Schließlich verließ auch der letzte Mann das Haus. Bei ihrer Mutter blieb Helene, bis diese aufgrund eines Operationsfehlers Lähmungserscheinungen entwickelte und in einem Heim betreut werden mußte.
Helene hat in ihrem Leben stets hart gearbeitet, nebenher sich in Modedesign fortgebildet und schließlich den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. In der Vorbereitung dazu eignete sie sich auf einer Abendschule noch betriebswirtschaftliches Know-how an. Dass sie seit über zwanzig Jahren mehr als 50 Stunden pro Woche arbeitet, sieht man ihr erst auf den zweiten Blick an.
Auch sie hat, ähnlich wie Antje, früh Verantwortung übernommen – zu Lasten der Spielfreude und Kindlichkeit. Durch die Chance, in einem schöpferischen Beruf zunehmend auch selbst kreativ Design entwickeln zu können, war es ihr möglich sich peu a peu aus den Verstrickungen zu lösen. ob sie ein Workaholic, also quasi süchtig nach Arbeit ist, mag ich nicht beurteilen – schließlich sitzen wir als Astrolog/innen nicht über unsere Klient/innen zu Gericht.
Bei Uta verstärkt sich das Saturn-Thema zusätzlich durch die Betonung des Steinbock-Zeichens (vier Planeten in Steinbock). Ihr Vater war Sportdozent, ihre Mutter als Psychologin in einer Beratungsstelle tätig. Während Uta ihre Mutter als fremd und befremdlich, auch als unnahbar erlebte, hatte sie zu ihrem Vater einen innigen Kontakt. Sie schätzte sein aktives Wesen und nahm sich ihn als Vorbild. In ihrem eigenen Empfinden hingegen sah sie sich als faul und schlaff und pflegte das Selbstbild einer Frau, die ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird.
Uta ist heute mit einem Polizeibeamten verheiratet und Mutter zweier Töchter. Ihre saturnischen Qualitäten erlebt sie besonders positiv bei ihrer Beschäftigung in Haus und Garten. Fast verschämt teilte sie mir mit, dass ihr Tätigkeiten wie Raumgestaltung, Saubermachen, Kochen, Säen, Unkraut pflücken, Obst einkochen und dergleichen äußerst viel Vergnügen bereiten und sie sich dabei ganz in ihrer Mitte fühlt. Wer denkt da nicht an Sonne-Saturn in Haus 2?
Auffällig ist bei Uta zudem die Tendenz, Saturn in männliche Bezugspersonen zu projizieren (der idealisierte Vater, der Ehemann als Polizist). Vor allem durch die Geburt ihrer ersten Tochter konnte, ja mußte Uta zunehmend Abschied von diesen Projektionen nehmen und sich auf ihre eigenen Fähigkeiten konzentrieren. Schließlich hat sozusagen ihre eigene Schöpfung mit der Tochter Form angenommen. Dies geschah übrigens während des ersten Saturn-Returns. Zeitgleich stand der transitierende Uranus in Opposition zum Radix-Mars. Eine Befreiung von eigenen Übertragungen des Männlichen war an der Zeit. Die Aufforderung lautete: stehe selbst deinen Mann.
Hilde schließlich ist Krankengymnastin und arbeitet in einer Klinik. Ihr Freundeskreis setzt sich nur aus Kolleginnen und Kollegen zusammen. Mit diesen ist sie viel unterwegs, nimmt auch häufig an Fortbildungen und Tagungen teil, schätzt den fachlichen Austausch sehr. Ihr Vater (er ist Bibliothekar) ist äußert belesen, wodurch sich Hilde immer wieder unter Druck gesetzt sieht. Denn in Gesprächen mit ihm fühlt sie sich unbelesen und dumm, versteht selbst einfache Zusammenhänge nicht mehr und wird unsicher. Dies kennt sie auch in Situationen mit anderen Menschen. Stets hält sie sich mit Äußerungen zurück, da sie das Gefühl hat, zu einem bestimmten Sachverhalt noch nicht genug zu wissen. Nur wenn sie alleine ist oder in der Arbeit mit den Patienten bemerkt sie ihre Kompetenzen und nimmt ihre Kenntnisse und ihr Wissen wahr.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Alle vier Frauen bezeichnen sich als einsam. Nur Uta lebt in einer Partnerschaft. Beziehungen zu Männern werden entweder als weniger bedeutsam eingestuft (Hilde) oder erscheinen mühsam und wenig erfolgversprechend (Antje).
Außer Helene sind die anderen Einzelkinder. Selbst Helene bleibt als Geschwisterkind insofern „einzeln“, als daß sie das einzige Mädchen ist.
Bei allen Vieren können wir die unterschiedlichen Qualitäten der Saturn-Sonne-Konjunktion wiedererkennen. Dabei wechseln sich bei jeder Frau erlöste und unerlöste Formen ab. Die Verinnerlichung des Leitsatzes „erst die Arbeit dann das Vergnügen“ ist allen gleichermaßen bekannt. Während es bei Helene dazu führt, daß sie nicht mehr aufhören kann zu arbeiten, dass sie ständig etwas kreieren, schaffen und leiten muß, fühlt sich Antje bereits im Vorfeld so sehr gehemmt, dass sie gar nicht erst einen Versuch unternimmt, ein Projekt anzufangen.
In ihrem Inneren wissen alle vier Frauen, dass sie Saturn als Beratungsinstanz für die eigenen Lebensziele einsetzen können (oder könnten). Sie kennen „den alten weisen Mann“ oder „die alte weise Frau“ in sich, die Empfehlungen jenseits des Mainstreams ausspricht und der oberflächlichen Spaß-Kultur eine klaren Absage erteilt. Erfreulicherweise fühlen sie sich auch gut mit dieser Figur des / der alten Weisen. Es zeigt sich, dass sie Verantwortung für ihr Schicksal dann besonders übernehmen, wenn sie diese Stimme zulassen. Bei mir wurde stark der Eindruck geweckt, dass es weniger darum geht, Konzentration auf das Wesentliche einzuüben. Denn eigentlich beherrschen sie durch die Saturn-Sonne-Konjunktion diese Fähigkeit bereits perfekt. Vielmehr steht das Nicht-Verhindern dieser Qualität im Vordergrund. Kurz: Bewusstsein (Sonne) für die eigene, natürliche Autorität (Saturn) zu entwickeln und somit die – scheinbaren – Zwänge (Saturn) mit der eigenen Sonne beleuchten.
Saturn braucht Widerstand. Wer diesen kreativ zu meistern weiß, kann sich mit einer Saturn-Sonne-Konjunktion von der Erfahrung des Ich-Verzichts zur Ich-Stärke vorarbeiten. Kontinuierlich und mit einem klaren Ziel vor Augen. Los geht’s!
Video-Tipp
Mehr zu der Verbindung von Sonne und Saturn im Geburtshoroskop erfahren Sie in diesem Video:
Wege zur Meisterschaft: Saturn im Horoskop. Teil 1: Ich bin okay
* Alle Namen geändert